Was ist der Unterschied zwischen Veränderungscoaching und klassischem Businesscoaching?
Immer wieder werde ich gefragt, warum meine Coachingspezialisierung Veränderungscoaching heißt? Coachs leisten doch sowieso Veränderungsarbeit mit ihren Klienten. Ist der Begriff dann nicht ein „weißer Schimmel?“
Das scheint auf den ersten Blick so zu sein. Schaut man genauer hin, lassen sich sehr wohl Unterschiede ausmachen, die die Spezialisierung, das Veränderungs-Knowhow und die Differenzierung von spezifisch ausgebildeten Veränderungscoachs beschreiben.
Wie geht Veränderungscoaching?
Veränderungscoaching legt eine zweite Ebene über den klassischen Coachingprozess, auf der die anstehende Veränderung in all ihren Facetten teilweise implizit, teilweise explizit mitgeführt wird. Coach und Coachee switchen bei Bedarf immer wieder in diese Metaperspektive. Das hat zur Folge, dass das Verständnis des Veränderungsprozesses weiter und tiefer wird.
Durch die Verbindung von Micro-Inputs mit bestimmten Methoden und Visualisierungen entsteht für den Coachee ein Repertoire an Veränderungsinstrumenten, die er oder sie auch in Zukunft für sich anwenden kann. Gerade im Hinblick auf Veränderungswiderstände und -blockaden ereignen sich bei Coachees im Veränderungscoaching immer wieder Aha-Momente, die Entwicklungsprozesse beschleunigen.
In der Arbeit mit individuellen Copingstrategien gelingt es dem Coachee, auch schwierige Aspekte des Veränderungsprozesses zu verkraften, eventuell loszulassen und seinen ureigenen Umgang mit der Veränderung zu entwickeln. Durch die gezielte Arbeit am Veränderungs-Mindset und den Veränderungsfähigkeiten erfolgt so ein systematischer Aufbau von Veränderungskompetenzen.
Veränderungskompetenz („Changeability“) ist heute eine grundlegende Lebensführungskompetenz, die für das gute Leben im Wandel und dessen Gestaltung in der immer komplexer werdenden Arbeitswelt von jedem Arbeitnehmer dringend benötigt wird.
Die drei Pfeiler des Veränderungscoachings
- Das Veränderungs-Knowhow
- Wissen über den Veränderungsprozess
- Diagnose des Standorts im Veränderungsprozess
- Prozessbegleitung „just in time“
- Aufbau von Veränderungkompetenz
- Arbeit am Mindset, Beseitigung von Blockaden
- Aufbau von Copingstrategien
- gezieltes Training von Veränderungskompetenzen
- Die wirksame Veränderungspraxis
- Wie Veränderung wirklich funktioniert
- Vorbereitung der nachhaltigen Umsetzung
- Die Einbindung ins Veränderungssystem
Wie funktioniert Veränderung?
Nachdem durch die Arbeit am Mindset und den Aufbau von Veränderungskompetenz der Boden bereitet ist, gedüngt und fachgerecht bepflanzt wurde, geht es nun darum sicherzustellen, dass die Veränderung auch über die notwendige Zeit tatsächlich in die Umsetzung geht. Das ist vergleichbar mit der Unterstützung beim Wachsen und der Pflege der zarten Veränderungspflanze. Die eigentliche Umsetzung ist dann das Einfahren der Ernte. Wieder ist ein Veränderungzyklus geschafft, der ein Mehr an Erfahrung und Entwicklung gebracht hat. Die Veränderung wird integriert und ein neuer Zyklus kann sich anbahnen.
Es ist viel geschrieben worden über Change-Management, wie die Begleitung der Umsetzung von Veränderungsprozessen funktioniert. In dieser Sichtweise steht die Einzelperson am Ende der Umsetzungskette. Veränderungscoaching dreht die Perspektive um und nimmt die Einzelperson in den Blick ohne das System, also das Umfeld der Veränderung, auszublenden. Denn Veränderung gelingt nur mit den Menschen. Viele wirksame Tools aus der Ziel- und Motivationspsychologie und dem Best-Practice des Veränderungsmanagements helfen Ihren Coachees auch bei schwierigen Veränderungsprozessen durchzuhalten und die Veränderung erfolgreich zu bewältigen und sogar proaktiv zu gestalten.
Veränderungscoaching im Prozess
Am Anfang steht neben der gängigen Anliegensklärung eine gezielte Veränderungsdiagnose. Der Standort des Klienten im Prozess wird mit eigenen Instrumenten eingegrenzt. Veränderungscoachs haben für jede Phase des Prozesses ein spezielles Instrumentarium und wissen, wie sie die besonderen psychischen Herausforderungen der Phase begleiten können. Auch die bereits vorhandenen Veränderungs- und Übergangskompetenzen werden diagnostiziert. Gemeinsam nehmen Coach und Coachee das Veränderunganliegen und -ziel in den Blick und analysieren, welche Veränderungskompetenzen für diese spezifische Veränderung weiterentwickelt oder aufgebaut werden müssen.
Stagniert der Prozess, gehen Coach und Coachee immer wieder auf die Metaebene, um gemeinsam Ursachen herauszufinden und Blockaden zu bearbeiten. Veränderungscoaching wirkt hier wie ein Katalysator für den allgemeinen Coachingprozess.
Stellen Sie sich vor, eine Klientin hat eigentlich eine klare berufliche Zukunftsvorstellung (in ihrem Fall einen Patchworkjob als Angestellte in der Öffentlichkeitsarbeit und als Freiberuflerin mit Kursen und Beratungsangeboten in der Kunsttherapie). Dennoch kommt sie nicht ins Handeln. Im klassischen Coachingprozess würde nun noch mehr Hilfestellung für das Selbstmanagement angeboten, Ziele formuliert und Schritte ausdifferenziert. Letztlich würde wir den mangelnden Veränderungsimpuls der schwachen Selbstdisziplin der Klientin „ankreiden“.
Im Veränderungscoaching wird nun die Angst vor der Veränderung in den Blick genommen. Wir steigen gemeinsam auf die Metaebene und schauen behutsam die Ängste an, die die Umsetzung blockieren. Beispielsweise differenzieren wir zwischen eigenen Ängsten und biografisch „vererbten“ Ängsten und Ängsten des Umfelds. Beispielsweise gab es bisher keinen einzigen Freiberufler in der Familie. Der Gewinn aus dem Nicht-Handeln wird analysiert. Das Kopfkino von den realen Bedrohungen unterschieden. Erste Schritte, bei denen die inneren Leibwächter die Türen nicht gleich verschließen, werden geplant und die Umsetzung engschrittig begleitet. Sie kennen das selbst – wenn Klienten nicht wirklich in die Veränderung gehen, kann das Coaching als gescheitert betrachtet werden.
Ein wichtiges Tool des Veränderungscoachs ist Visualisierung, nicht nur auf dem Papier, sondern auch im Raum, um einzelne Aspekte des Veränderungsgeschehens wirklich be-greifbar zu machen. Erlebensorientiertes Coaching ist wesentlich im Veränderungscoaching. Meist liegt es nicht an der kognitiven Einsicht, wenn Veränderung nicht gelingt. Also werden Veränderungscoachs hier Micro-Inputs und Methoden zur Intuitionsarbeit geben, damit Ihre Klienten noch besseren Zugang zu ihrer Intuition als Überlebenshilfe-Instrument im Veränderungsgeschehen bekommen.
Veränderungscoaching geschieht an der Grenze zur Komfortzone
Ein guter Veränderungslehrer ist der, der immer gerade den nächsten machbaren Schritt mit seinem Schüler in den Blick nimmt. In diesem Sinne sind Veränderungscoachs auch Kurzzeit-Pädagogen, die ihre Coachees gezielt mit der nächsten Veränderungsherausforderung konfrontieren. Sei es mit der passenden Coachingintervention, die einen Glaubenssatz in Frage stellt, mit einer Visualisierung, die verdeutlicht, wo der Coachee sich selbst beschränkt oder mit einer aktiven Reallife-Challenge, mit der Ihr Coachee neue Verhaltensweisen erproben darf. Dabei geht es oft nicht nur um arbeitsbezogenen Persönlichkeitsfacetten, sondern um den ganzen Menschen. Denn in Veränderungsprozessen kommen wir an unsere Grenzen, da helfen keine Rollenkorrekturen oder oberflächliche Selbstmanagement-Polituren, sondern da geht es um Persönlichkeitsentwicklung vom Feinsten.
Der Veränderungscoachee als Keimzelle des Veränderungssystems
Dabei achten Veränderungscoachs immer wieder darauf, dass Kognition und Intuition des Coachees so zusammengespannt werden, dass Veränderung nachhaltig gelingt. Den integrierenden Umgang mit unseren beiden Entscheidungssystemen kann man lernen. So werden Coachees nicht selten Vorbilder im System, die vorleben, wie eine positive Veränderungsgestaltung gehen kann.
Darüber hinaus tragen Veränderungscoachs dafür Sorge, dass der Coachee seine Möglichkeiten im System bestmöglich ausschöpft und vorbereitet, damit die Veränderung auch dauerhaft in die richtige Richtung geht. Eine einzelne Pflanze hat es schwer im unpassenden Ökosystem zu überleben, selbst wenn sie noch so stark ist,. Insofern ist Anpassung im Change auch immer gelingende Interaktion mit dem Umfeld.
Veränderungscoaching als High Quality-Coaching
Veränderungscoaching ist nichts für Anfänger im Coachingbusiness. Der an sich schon recht komplexe Coachingprozess wird durch die mitgeführte Veränderungsebene noch herausfordernder. Veränderungscoachs benötigen Hintergrundwissen über Persönlichkeitsentwicklung im Change, sie begleiten Menschen in Identitätsfindungsprozessen, die oft eine Prozessdauer von mehreren Monaten bis Jahren umfassen. Das ist nicht vergleichbar mit üblichen Businesscoaching-Prozessen, die selten mehr als zehn Sitzungen dauern. Diese besondere Art der Begleitung in anspruchsvollen Veränderungsprozessen bis hin zu Lebensübergängen erfordert neben einer fundierten Zusatzausbildung viel Übung, langjährige Erfahrung und eine eigene gereifte Persönlichkeit, die krisenerfahren ist und selbst schon ausreichend eigene Veränderungsarbeit geleistet hat.
Veränderungscoach werden
Die Zielgruppe für die Weiterbildung zum Veränderungscoach sind Coachs, Personalentwickler und Change-Agents, die täglich mit Menschen in Veränderungsprozessen arbeiten und ihr Hintergrundwissen und Handwerkszeug hierfür professionalisieren möchten. Die Kompakt-Weiterbildung findet an vier aufeinanderfolgenden Tagen statt, so kann auch in der Gruppe die notwendige Intensität für das Veränderungslernen entstehen. Die Weiterbildung endet mit der Zertifizierung zum Veränderungscoach. Zertifizierte Veränderungscoachs können bei der Akademie für Veränderungscoaching als aktiver Veränderungscoach geführt werden.
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