Huna lässt sich frei als „Heilung durch Zuhören“ übersetzen. Die Huna Lehre hat ihre Wurzeln in den polynesischen Inselstaaten und hier vor allem in Hawai. Als schamanische Weisheitslehre zeigt Huna einen Weg zu seelischer Harmonie, Selbstverwirklichung und einer ganzheitlichen Lebenseinstellung. In ihrem Mittelpunkt geht es um Lebensfreude, Mitmenschlichkeit und das Erleben im Hier und Jetzt.
Kahunas sind die Schamanen, die die Huna Lehre ausüben. Moderner ausgedrückt könnte man sie als geistige Alltagsbegleiter und Lehrer bezeichnen, die andere Menschen ermutigen, den Huna Weg zu beschreiten und ihnen Werkzeuge zur Selbstermächtigung zur Verfügung stellen. In meiner Auseinandersetzung mit dieser Ausprägung der Schamanen sehe ich immer wieder große Parallelen zur Rolle des Veränderungscoachs. Huna beruht auf einigen Grundprinzipien, die erstmals 1936 von Max Freedom Long für die westliche Welt dokumentiert wurden.
Die sieben Huna-Prinzipien
Diese sieben Energie-Gesetze erklären und erleichtern das Leben, sie gelten im Kleinen und im Großen, also im eigenen Leben und in sozialen und globalen Zusammenhängen. Einige davon finden Sie auch in der allgemeinen esoterischen Literatur. Ich bin keine Esoterikerin und dennoch denke ich, die Wirkweise dieser Prinzipien im Coaching im Blick zu haben, könnte sehr hilfreich sein.
1. Makia: Die Energie folgt der Aufmerksamkeit.
Je konzentrierter wir die Aufmerksamkeit auf etwas richten, desto mehr Energie fließt dorthin und desto stärker ist die Erfahrung, die wir dort machen. Der alte Therapeutenspruch „Wo die Angst liegt, ist der Weg“ formuliert das treffend.
Hier kann sehr einfach mit Klienten analysiert werden, was aktuell die höchste Aufmerksamkeit in ihrem (beruflichen) Alltag hat und ob diese Aufmerksamkeit der Lebensgestaltung förderlich ist, oder ein „Mehr desselben“ anzieht, was oft eben gerade nicht erwünscht ist. Ein Kahuna würde nun daran arbeiten, dem Problematischen keine negative Wertung mehr zu geben, es einfach so sein lassen, wie es ist und den Blick umzulenken. In der ressourcenorientierten Arbeit im Coaching lenken wir die Energie ebenfalls auf das, was die Lebensbewältigung unterstützt und die positive Energie wird folgen…
„Der Regen fällt dort, wo Wald ist“
2. Mana: Alle Macht kommt von innen, aus dir selbst.
Macht wird hier als die Fähigkeit verstanden, etwas verändern zu können. Es ist die Kraft, ein Verhalten zu beeinflussen und Ziele zu erreichen, ohne sich den äußeren Bedingungen zu unterwerfen. Nach dem Prinzip des Mana übernimmt man Verantwortung für das, was durch den Einsatz von Kraft und Energie im eigenen Leben gestaltet wird. Letztlich kann keine Kraft außerhalb unseres Wesens über uns bestimmen, wenn wir es nicht zulassen.
Diese große innere Freiheit und das Commitment zur eigenen Verantwortung spielen im Veränderungscoaching eine wesentliche Rolle. Denn hier geht es oft darum, nicht gelebt zu werden. Nicht an den von außen vorgegebenen Changeprozessen zu scheitern, sondern darin seine Rolle als Akteur proaktiv zu ergreifen.
„Liebe gibt inneres Leben“
3. Manawa: Jetzt ist der Augenblick der Kraft.
Wir in der westlichen Welt leben gerne wahlweise in der Vergangenheit und lassen unsere Möglichkeiten von den dort erlebten Erfahrungen einschränken oder wir planen Großartiges und Unerreichbares für die Zukunft. Das Prinzip Manawa besagt, dass wir nur im aktuellen Augenblick Veränderungen vornehmen und unsere Energie dafür einsetzen können, unsere aktuelle Situation zu beeinflussen. Dies erfordert große Fehlerfreundlichkeit. Wir können uns jederzeit im Hier und Jetzt neu und anders entscheiden und damit in jedem Moment unser Leben neu leben. Das Alte ist vergangen und nichts anderes als eine Station auf unserem Lebensweg.
Diese innere Freiheit hilft Menschen in Veränderungsprozessen, wieder mutig zu werden, denn das Leben ist nicht so schwer, wenn es Sekunde für Sekunde gelebt wird und jederzeit wieder justiert und korrigiert werden kann. Die große Herausforderung besteht nur darin, sich diese Freiheit auch tatsächlich zu nehmen.
„Feuer wird nie aufhören wollen zu brennen“
4. Aloha: Lieben heißt, glücklich sein mit dir.
Liebe löst Widerstände und Konflikte auf und ermöglicht einen Weg aus nahezu aussichtslosen Situationen, die uns von der Verwirklichung des Lebens abhalten, das wir eigentlich führen wollen. Die Kahunas bezeichnen sich auch als „Abenteuerschamanen“ und in ihrer Arbeit geht es immer wieder darum, vermeintliche Grenzen zu überwinden und eine neue Situation herbeizuführen.
Der Begriff „Aloha“ steht für ein offenes Herz, für Selbstliebe und Liebe zur Welt.
Gerade in der Zwischenzeit, im „Nicht mehr“ und „Noch nicht“ in Veränderungsprozessen benötigen wir diese fürsorgliche Eigenliebe als Heilungsmöglichkeit, uns mit unserer Vergangenheit und unseren Schwächen auszusöhnen und den ewigen Kampf mit uns selbst zu unterbrechen. Der liebevolle Blick ermöglicht die Transformation der ungeliebten Anteile. Die Gestaltpsychologen würden sagen, eine Gestalt schließt sich und das ist die Grundvoraussetzung dafür, dass tatsächlich etwas Neues entstehen kann.
Der wertschätzende Blick des Coachs kann für eine Übergangszeit die wenig ausgeprägte Selbstliebe des Coachees ersetzen und ein Umdenken und Umfühlen einleiten.
„Liebe ist wie ein Vogel, für den es keinen Zweig gibt, auf dem er nicht gern sitzt.“
5. Pono: Wirksamkeit ist das Maß deiner Wahrheit.
Dieses Prinzip fragt, inwiefern die äußere Wirklichkeit bereits mit dem übereinstimmt, was man im eigenen Leben gerne fühlen und erfahren möchte. Hier wird die tatsächliche Veränderungsbereitschaft offen gelegt. Ein Kahuna würde fragen: Wo in Deinem Leben fühlst Du Dich bereits stark, groß, authentisch und glücklich? Huna ist da ganz pragmatisch: Wenn etwas leicht geht, gut funktioniert und sich stimmig anfühlt, dann ist es richtig.
Das ermutigt, im Veränderungscoaching genau die Interventionen und Werkzeuge auszuwählen, mit denen die Klienten leicht mitgehen können, um ihre Ziele umzusetzen. Wir als Coachs und Berater müssen nicht dogmatisch an einer Schule festhalten, sondern unseren Methodenkoffer als verlockendes Angebot einsetzen, das die Wirksamkeit des Prozesses fördert. Die Arbeit mit somatischen Markern liefert im Coaching die Rückmeldung, ob wir mit dem Coachee auf dem richtigen Weg sind. Die Kahunas meinen, wenn wir bei der Umsetzung einer Vision fröhliche und freudvolle Ergebnisse erzielen wollen, müssen wir dazu fröhliche und freudvolle Methoden einsetzen. Also, keine Angst vor kreativen Methoden, vor Scheitern von Interventionen, was im Coachingprozess durchaus zum gemeinsamen Lachen führen kann und vor allen Dingen keine Angst vor der Körperarbeit.
„Wenn Du mit dem Leben tanzen willst, musst Du Deine Schamhaftigkeit zuhause lassen.“
6. Ike: Die Welt ist das, wofür wir sie halten.
Ein wahrhaft konstruktivistischer Grundsatz, der besagt, dass jeder Mensch in seiner eigenen Realität lebt. Die Kahunas meinen, ein Meister erschafft sich seine Gefühle selbst. Für die Verwirklichung unserer inneren Bilder und Zielvorstellungen ist es unabdingbar, Vertrauen in unsere Gestaltungsmacht zu haben, dass wir Schöpfer/innen unserer Realität sind. Wenn wir wissen, dass jeder in seinem eigenen Film lebt, ermöglicht das auch mehr Toleranz im Umgang mit anderen, da die gemeinsame Basis in der Kommunikation eben nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden darf, sondern immer wieder tastend und fragend überprüft werden muss.
Mit Klienten können wir hier in Veränderungsprozessen beginnen, aktives Tagträumen einzusetzen und diese Visualisierungen dafür zu nutzen, die kommende Realität möglichst sinnlich entstehen zu lassen. Damit bauen wir eine Brücke zur gewünschten Zukunft und der Weg wird leichter und direkter gangbar.
„Sei gütig in deinem Austausch mit anderen“
7. Kala: Es gibt keine Grenzen.
Alles ist möglich, wenn wir uns erlauben, entsprechend zu denken, Ideen zu formulieren und zu handeln. Kala bedeutet, alle Begrenzungen und vermeintlichen Rahmenbedingungen kritisch zu überprüfen, ob sie wirklich so gesetzt sind, wie wir das glauben. Die Veränderungsprozesse im Außen beginnen in der Veränderung der inneren Einstellung. Sicher kennen Sie das Zitat von Viktor Frankl: „Die letzte der menschlichen Freiheiten besteht in der Wahl der Einstellung zu den Dingen“. Über die Arbeit mit Glaubenssätzen können im Veränderungscoaching viele Grenzen abgebaut und die Räume der Freiheit vergrößert werden.
„Es gibt eine Zeit der Erkenntnis und eine Zeit für die Macht in der Umsetzung.“
Ein Grundsatz der Kahunas heißt: Heile immer, verletze nie. Wenn wir uns als Coachs und Berater/innen in diese alte Tradition von Alltagsbegleitern stellen, die seit Jahrtausenden Menschen in Veränderungsprozessen beigestanden sind, macht mich das demütig. Bewusst wird mir darüber hinaus unsere Aufgabe, im Coaching als Katalysator zu wirken, damit Klienten ihre Engpässe überwinden und Entwicklung ermöglicht wird. Auch die kathartischen Prozesse, die Voraussetzung für wirklichen Neubeginn sind, wurden mir anhand der Huna-Lehre noch einmal ganz deutlich.
Herzlichen Dank an Petra Lazarus und Wulfing von Rohr, die in ihrem Praxisbuch „Huna-Seelenkraft – Heilung und Weisheit aus Hawaii“ die Huna-Lehre sehr verständlich und angenehm wenig esoterisch zusammengefasst haben.
Lesetipp zur Welt der Huna: Der intensive Roman von Kiana Davenport „Die Haifischfrauen“, schon etwas älter, aber noch gebraucht zu erhalten.
Was halten Sie von den Huna-Prinzipien? Was bewegt Sie in Ihrer Begegnung mit alten Weisheitslehren, wo sehen Sie Parallelen im Coaching?
Beitragsbild: © www.pixabay.de
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