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Gunther Schmidt, Anna Dollinger, Björn Müller Kalthoff (Hrsg.) 2010, Neuauflage 2014; ISBN: 978-3936075984; 49,90€; Manager Seminare
Das große Methodenbuch beginnt mit zwei richtig spannenden theoretischen Artikeln von Prof. Gerald Hüther: „Was für Krisen braucht und wie viel Krise verträgt der Mensch“ und Dr. Gunther Schmidt: „Hypnosystemische Krisenberatung“. Auch wenn ich mich bereits viele Jahre intensiv mit der Thematik befasst habe, sind mir anhand dieser Einführungen sowohl neurobiologisch als auch im Verständnis der psychischen Prozesse, die bei Klienten in Krisensituationen ablaufen, einige Lichter aufgegangen. So beispielsweise, dass der Mensch in der Krise sich in einer Art Grubensituation befindet und es definitiv weder zurück noch nach vorne geht oder dass es sich beim Krisengeschehen auch um etwas Transpersonales handelt, so dass es nicht immer vorrangig um das eigene Wohlergehen, sondern auch um das Wohl aller von der Entscheidung Betroffenen geht.

Auch Gunther Schmidt überzeugt einmal mehr mit seiner schlüssigen Darstellung des Krisenerlebens des Einzelnen und der Antwort des hypnosystemischen Konzepts der Kompetenz-Fokussierung, bei dem ich viel Passfähiges zu meinem eigenen kompetenzorientierten Ansatzes des Übergangscoachings wiederfinde.

Was hat das Buch nun aber methodisch zu bieten? Im ersten Kapitel werden einige Selbstcoaching-Methoden dargestellt, die Klienten auch als Zwischenschritte und Anregungen für zuhause mitgegeben werden können. Die vielschrittige „Intervention gegen Krisenerleben“ ebenfalls von Dr. Schmidt vorgestellt, ist dagegen m.E. schon so komplex, dass sie in der Beratung erarbeitet werden muss, ebenso wie die bewährte Problem-Lösungs-Gymnastik, bei der es dann um die nachhaltige Umsetzung und Verankerung des Erarbeiteten geht.

In Kapitel zwei präsentieren dann verschiedene Autorinnen und Autoren ihre Werkzeuge für den Einsatz im Krisencoaching. Hier überzeugten mich vor allen Dingen drei Instrumente: Das Ressourcen-Mandala von Dr. Frank Taschner und das vereinfachte U-Modell von Herrn Mikus, das zur Entscheidungsfindung und dem Durchlaufen des tiefsten Krisentals durch Kombination unterschiedlicher Einzelmethoden führt. Es ist angelehnt an den U-Prozess nach Otto Schamer und für das Einzelcoaching in „verdaulicher“ Form handhabbar gemacht. Auch die Arbeit mit dem Krisenhaus führt durch einen Krisenbewältigungsprozess und lässt schwer Aussprechbares in der Metaphernarbeit fassbar und bearbeitbar werden.

Die weiteren Kapitel „Workshop-Konzepte“ und „Seminar-Konzepte und Strategien“ können allenfalls als Anregungen dienen. Trotz Online-Material sind sie m.E. für den direkten Einsatz nicht umfassend genug dargestellt. Es wäre vermutlich aber auch zu viel verlangt, Großgruppenmethoden und ganze Seminarfahrpläne abzubilden. Doch einige Impulse lassen sich immer mitnehmen. So beispielsweise von Christa Fasch und Angelika Kail, die schamanische Techniken für die Workshoparbeit fruchtbar gemacht haben, das „Steinorakel“ oder „die Spirale“ sind sicher brauchbare Übergangsrituale, die in Krisensituationen immer wieder benötigt werden, um intuitive Kräfte zu aktivieren.

Auch wenn die Zielgruppe dieses Sammelbandes nach meinem Empfinden etwas zu breit gehalten ist, lässt sich das Buch doch hervorragend als Steinbruch einsetzen, um viele große und kleine Steine nach Bedarf für die Arbeit im Einzelcoaching, in Teams oder in der Führungskräfteentwicklung für die Begleitung krisenhafter Veränderungsprozesse zu verwenden und ihnen in der eigenen Arbeit einen individuellen Schliff zu geben.

Beitragsbild: Klaus-Uwe Gerhardt, www.pixelio.de

 


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